Mittwoch, 30. Dezember 2015

Ist das Mobbing? - Eine Voransicht vom Kapitel 5 des Buches

5.      Werde ich gemobbt oder bilde ich mir das nur ein?


Man ist neu in einer Firma und erst einmal ist alles anders. Die Kollegen sind andere und auch die Arbeit ist nicht dieselbe, da ist es ganz logisch, dass Sie sich erst einmal etwas auskennen müssen, um zu beurteilen, was in Ordnung ist und was nicht.
Aber auch wenn Sie schon länger mit den Kolleginnen und Kollegen zusammenarbeiten, sobald jemand Neues dazukommt, verändert sich die Zusammenarbeit.
Wichtig ist, dass alle für ein gemeinsames Ziel arbeiten, für ein Produkt oder eine Dienstleistung.

Wenn ich das mit einem Beispiel erklären darf:
Es ist ganz ähnlich wie bei einer Musiker-Gruppe, eigentlich ist es egal, welche Stilrichtung und wie viele Mitglieder, denn jeder hat ein ganz bestimmtes Instrument zu spielen. In großen Orchestern gibt es mehrere Geiger, bei Pop-Bands eher nicht, da ist es das Schlagzeug oder die E-Gitarre. Es ist gut, wenn jedes Mitglied seine Noten kennt, aber wichtig ist auch, die der anderen im Ohr zu haben, nur gemeinsam gibt es das Endprodukt, einen Song oder eine Oper.

Leider arbeiten aber einige nicht am Produkt oder an ihrer Aufgabe im Team, sondern möchten vor allem ihren persönlichen Erfolg vorantreiben. Im Orchester wäre das dann z. B. der Bassist, der eigentlich immer viel zu wenig im Blickfeld steht und der dann plötzlich an Stellen ein Solo einspielt, an denen er überhaupt nicht an der Reihe ist. Eine Katastrophe wäre das! Alle würden aus dem Takt kommen, der Dirigent hüpft vor Verzweiflung auf seinem Podest und wedelt mit den Händen. Zum Glück kommt das nie wirklich vor, das würde sich niemand zu tun wagen. Es wäre zu auffällig, zu offensichtlich und das Ziel, mehr Erfolg zu haben, wäre auch nicht erreicht. Es wäre lediglich mehr Aufmerksamkeit, kein Erfolg.
In vielen Firmen ist das aber ganz anders. Da fällt es nicht so sehr auf, wenn jemand „falsch“ spielt, manchmal sieht es sogar so aus, dass ein ganz anderer Kollege der „Falsch-Spieler“ zu sein scheint.
Der Chef war außer sich: Ein wichtiger Kunde hatte ein Ersatzteil bestellt und es war ihm über Nacht mit dem Kurier zugestellt worden und bei der Montage stellte sich heraus, dass es nicht auf die Stelle passte, wo das andere, defekte, abgeschraubt worden war. So eine Nachlässigkeit! Es war der genaue Typ angegeben, die Artikelnummer und alles stimmte und trotzdem war eine Bohrung an einer anderen Position. In der Konstruktion wurde der zuständige Ingenieur Heinrich gefragt, wie das sein könne und der hatte auch gleich die Erklärung: Der neue Techniker Thomas hat daran etwas verändert und dann wohl vergessen, dies in den Unterlagen zu vermerken und die Typbezeichnung des veränderten Teiles zu aktualisieren. Nun ist zu prüfen, wie viele solche veränderten Einheiten bereits mit der alten Typbezeichnung produziert wurden und der Schaden ging in die Tausende.
Thomas wurde zu einer Besprechung gerufen und er hatte sich vorbereitet. Die Unterlagen, die ihm Heinrich gegeben hatte für die Veränderung, hatte er dabei. Darauf hatte er sich eine Notiz gemacht, als er die Änderung gezeichnet hat: Laut Herrn Heinrich ist keine Typänderung notwendig, da nur noch Maschinen für das vorliegende Teil gebaut werden.
Somit war klar: Nicht Thomas war Schuld, sondern Herr Heinrich. Wäre diese Notiz nicht gewesen, hätte das niemand mehr gewusst. Und das war nur eine von vielen Fallen, die Herr Heinrich Thomas gegraben hatte. Zum Glück war er sehr aufmerksam und kontrollierte alles, was er ablieferte, noch einige Male nach. Das hat ihm den Spitznamen „Schnecke“ eingebracht – er wurde als extrem langsamer Arbeiter dargestellt.
Und genau so beginnt Mobbing: Jemand nimmt in Kauf oder plant gar, dass die Arbeit fehlerhaft erledigt wird.

5.1      Klarheit über die eigenen Gefühle bekommen

Viele Vorkommnisse sind so verwirrend, nichts ist greifbar, trotzdem ist die Situation nicht so, wie sie sein sollte. Sie werden sicher solche Dinge mit Freunden, Familie oder Kolleginnen besprechen und diese um Rat fragen. „Ist das normal, oder reagiere ich nur zu sensibel?“
Wenn Sie fünf Personen fragen, werden sie auch fünf unterschiedliche Antworten bekommen, je nach dem, wie viel die- oder derjenige sich in Ihre Arbeitssituation hineindenken kann. Und spätestens nach einigen Wochen werden Sie nur noch mit einem tiefen Seufzer angehört: „Sei doch nicht so empfindlich!“ oder „Ich hab dir doch schon x-mal gesagt . . .“ – Das bringt Sie alles nicht weiter.
Die bessere Aktion ist:
Kurze, klare Sätze in Ich-Form notieren
            Ich ärgere mich, wenn mir gesagt wird, ich sei zu langsam
            Ich kann nicht drei Arbeiten gleichzeitig erledigen
            Ich mache genau so viele oder wenige Fehler wie alle anderen
            Ich lasse mich nicht anschreien
            Wenn ich nicht gegrüßt werde, finde ich das unhöflich

Mit der Zeit kommt so eine Liste von Situationen zustande, die in mir negative Gefühle auslösen.
Ja, ich höre Sie stöhnen: Noch mehr schreiben, für wen denn und was soll das? Dadurch verändert sich nichts.
Doch, es verändern sich 2 Dinge:
-          Sie haben etwas zu Papier gebracht, das sie aufbewahren können, das Sie   anderen zeigen können, das sie nicht vergessen können.
-          Sie können diesen Aufschrieb auswerten: Gibt es häufig gleiche Situationen,            steigert sich etwas immer weiter, gibt es Höhepunkte, Ausnahmen, andere        wichtige Fakten.
Wir werden auf solche Dokumentationen noch öfter zurückkommen, Sie werden einsehen, dass sich die Zeit und die Arbeit lohnen.
Bis hier her ist es völlig unwichtig,
ob das, was da geschieht, Mobbing ist.
Warum?
Weil all das, was geschieht, Ihre Arbeitskraft schädigt.
In erster Linie sind es Ihre eigenen Gedanken, die schädigen.
Ja, das klingt hart, aber wir müssen jetzt erst einmal klar erkennen,
dass Sie verletzt reagieren,
denn nur das ist wirklich sicher.
Bis jetzt ist noch völlig unklar, ob das, was Sie als schädigend empfinden, absichtlich geschieht, von jemandem so inszeniert worden ist, eine direkte Schädigungsabsicht vorliegt oder ob ganz einfach nur ein total unsensibler und eigenartiger Mensch unter den Kolleginnen oder Vorgesetzen ist, der die Wirkung auf Sie überhaupt nicht im Blickfeld hat.
Die Konzentration auf sich selbst hat Vorteile:
Meine Gefühle unterliegen meinem Willen!
Ich muss nicht negative Gefühle pflegen,
wenn ich weiß,
dass meine Handlungen richtig und angemessen sind.

Und nun kommen wir zum eigentlichen Problem: Der Selbstsicherheit!

Würden Sie von sich sagen, dass Sie viel oder wenig Selbstsicherheit haben? Ich tippe mal, dass 98 Prozent meiner Leserinnen oder Leser eher weniger Selbstsicherheit im Beruf haben. Das hat nichts mit Können oder Ausbildung zu tun, sondern ist unter anderem auch davon abhängig, was wir von der Umgebung gespiegelt bekommen. Vielfach ist ein gesundes Selbstvertrauen im privaten Bereich keine Sicherheit dafür, dass man auch im Beruf diese Selbstsicherheit empfinden kann. Wer an üble Vorgesetzte oder missmutige Kollegen kommt, verliert ganz schnell große Teile seiner Selbstsicherheit. Und doch ist sie ganz wichtig für die Reaktion auf schädigende Verhaltensweisen. Leider gibt es nur für ganz wenige Berufsfelder in der Ausbildung die Information über eigene und fremde Motivation am Arbeitsplatz. Nicht immer sind Vorgesetzte darin geschult, es wird oft mehr Leistung auf Gewinn-Optimierung durch Druck auf das Personal gelegt. Dabei können freundlich Worte wahre Wunder wirken, lächeln motiviert viel stärker als Gebrüll.
Was Sie aber lernen können ist, wie Sie sich selbst motivieren können, wie Sie eine gewisse Sicherheit erwerben im beruflichen Alltag.
Der Anfang zur selbstsicheren Haltung im Beruf ist
wissen, was ich tue,
warum ich es mache
warum ich es nicht anders mache
von wem mein Auftrag kommt
für wen ich die Aufgabe erledige
welcher Zeitrahmen mir zur Verfügung steht
ob und wenn ja, welche Änderungen nachträglich von wem eingebracht werden
wann wurde die Arbeit beendet, abgegeben, abgenommen

Alle diese Dinge sollte ich mir notieren:
Auftrag Nr. 12345 vom (Datum)
zugeteilt von Herrn / Frau xyz weil in meinem Zuständigkeitsbereich
                                               oder weil Kollegin krank / in Urlaub ist
abzugeben am (Datum)
am (Datum) kam Herr X. mit zusätzlicher Information, Änderung
Abgeliefert am (Datum) an Herrn Frau Abteilung
Zu dieser Auftragsdokumentation sollten alle Besprechungen oder Informationen und Nachfragen hinzugefügt werden, die stattgefunden haben.
Dies legen Sie stets doppelt ab: einmal im Büro und einmal privat, damit Sie in jedem Falle und zu jeder Zeit darauf Zugriff haben.
Sie können sich mit dem Handy Ihren Aufschrieb fotografieren und haben ihn damit sicher, er könnte zu Hause im PC abgespeichert werden. So sind Sie, auch nach Feierabend oder bei Krankheit und Urlaub immer in der Lage, darauf zuzugreifen.

Wozu das alles?

Im Beispiel von vorher ist das beschrieben, hier eine Kopie:
Thomas wurde zu einer Besprechung gerufen und er hatte sich vorbereitet. Die Unterlagen, die ihm Heinrich gegeben hatte für die Veränderung, hatte er dabei. Darauf hatte er sich eine Notiz gemacht, als er die Änderung gezeichnet hat: Laut Herrn Heinrich ist keine Typänderung notwendig, da nur noch Maschinen für das vorliegende Teil gebaut werden.
Somit war klar: Nicht Thomas war Schuld, sondern Herr Heinrich. Wäre diese Notiz nicht gewesen, hätte das niemand mehr gewusst. Und das war nur eine von vielen Fallen, die Herr Heinrich Thomas gegraben hatte. Zum Glück war er sehr aufmerksam und kontrollierte alles, was er ablieferte, noch einige Male nach. Das hat ihm den Spitznamen „Schnecke“ eingebracht – er wurde als extrem langsamer Arbeiter dargestellt.

. . . und wenn das hätte Mobbing werden sollen, ist der Versuch kläglich gescheitert.


Montag, 26. Oktober 2015

Was soll ich nur tun, wie soll ich reagieren?

Diese Frage wird mir so oft gestellt, dass ich hier einmal versuche, einige meiner möglichen Antworten aufzuschreiben.

Als erstes: Re-agieren ist kein guter Weg. Agieren wäre besser.
Ein altes Sprichwort sagt:

Vorbeugen ist besser als heilen

und das gilt auch für krank machendes Mobbing.

1. Angriffe auf die Kompetenz, auf die Qualität der Arbeit

Der Chef bittet Ina um ein Gespräch. Die Gruppenleiterin habe ihm berichtet, dass in ihrer Arbeit häufig Fehler wären, die zu Mehrkosten für die entsprechenden Aufträgen führen würden. Außerdem wären die anderen Kollegen und Kolleginnen überlastet, weil Ina so oft nachfragen würde und weil sie deshalb schon Teile ihre Arbeit selbst machen würden. "So geht das nicht weiter, ich habe mir überlegt, ob Sie nicht an einer anderen Stelle besser eingesetzt wären." Das trifft Ina wie ein Schlag, das hätte sie niemals erwartet.
Ina schildert dem Chef die Situation aus ihrer Sicht:
Die Aufträge, die sie auf den Tisch bekommt, sind nur grob umrissen, es gibt keine genauen Angaben, oft sind wichtige Fakten zwar aufgeführt, aber dafür nicht die notwendigen Unterlagen beigefügt. Deshalb muss sie immer bei allen anderen, die am gleichen Auftrag mitarbeiten, nach den fehlenden Angaben fragen. Bei den Kolleginnen hätte sie oft gesehen, dass sie viel mehr Unterlagen hätten als sie.
Ina betont, dass sie ihre Arbeit sehr schätzt, weil sie interessant ist und vielseitig, aber dass sie sich wünschen würde, sie bekäme die gleichen umfassenden Unterlagen wie die anderen Kollegen.

Was soll der Chef nun denken? Je nach dem Verhältnis, das er zu seinen Mitarbeitern hat, ist auch seine Handlungsbreite: Er könnte die Rechtfertigung von Ina als faule Ausrede ansehen, vielleicht aber glaubt er ihr auch, aber wie und wo könnte er da eingreifen?

Im Nachhinein ist es schwierig, solche Situationen aufzuklären, deshalb müssen Sie vorbeugen.
Nach dem ersten Angriff muss eine Strategie her, die dokumentiert, wo Fehlerquellen liegen, wo Zeitverlust entsteht,

und vor allem:
WER hat das so eingefädelt, dass es IHNEN schadet?

DOKUMENTATION

heißt das Zauberwort.

Sie bekommen einen Auftrag in Form eines Blattes, einer Email oder eines Vorganges. Genau dies dokumentieren Sie jetzt schriftlich:

Eingang am . . . .
von . . . . .
Umfang:  . . . . Seiten Papier - Mail - Ordner - etwas anderes

Ziel der Arbeit:
Zeitziel: Abgabe ist am . . . Datum
Umfang: Fertig für Weiterbearbeitung durch  . . . , Fertig für Auslieferung, Fertig für Auszahlung

Arbeitsschritte:
Planung der Erfassung von Daten für die Auftragsbearbeitung

. . . .

Ich beende hier das Beispiel einer Dokumentation, denn sie ist einfach viel zu individuell für jeden Einzelnen. Wichtig ist aber, dass Sie dies für Ihren Arbeitsplatz und für sich ausarbeiten, dabei bin ich gerne behilflich.

Diese Dokumentation können Sie jedem vorlegen, der Sie danach fragt, was Sie wann und für wie lange getan haben. Sie können sich so zu jeder Zeit absichern gegen Schuldzuschiebungen, denn Sie können dokumentieren, wie Ihre Ausgangssituation war und wie Sie damit gearbeitet haben.

Wie Sie dann mit einer solchen Dokumentation für sich und Ihre Kompetenz agieren können, werden wir später noch besprechen.

Wichtig ist, dass es sie gibt und dass sie die Kriterien erfasst, die ihre Qualifikation zeigt


Sonntag, 1. Februar 2015

So sieht das im Alltag aus:


Mobbing ist so alltäglich geworden, dass fast jede berufstätige Frau davon eine Geschichte erzählen kann. Meist sind es Gruppen-Aktionen, an denen einige Personen beteiligt sind.
Das funktioniert gut, weil niemand sich traut, einzugreifen zu Gunsten des Opfers.
„Freundinnen“ wissen, sie wären die Nächste, würden sie nicht mitmachen oder sich wenigstens still verhalten.
Männer können nicht selten davon berichten, dass Mobbing ursächlich für einen Suizid war. Der Betroffene wollte seiner Familie die „Schande“ des beruflichen Scheiterns nicht antun.
Manche Ehe ist an Mobbing zerbrochen, weil die Ansichten, was zu tun wäre, grundsätzlich auseinander lagen. Wer sich nicht wehrt, ist automatisch selber schuld und wer dauernd jammert, belastet das Familienklima.

Anfangs wunderte sich Klaus über seinen Kollegen: Er redete nur das Nötigste mit ihm, gab auf Fragen immer ausweichende Antworten. Das erschwerte die Arbeit von Klaus sehr, denn er war neu im Unternehmen und kannte die Abläufe noch nicht genau. Auf private Bemerkungen bekam er überhaupt keine Antwort, egal ob es um ein Fußballspiel, den Betriebsausflug oder das Wetter ging.
Ein großes Projekt stand an, Klaus sollte es in eigener Verantwortung entwickeln und der Kollege Bernd sollte für ihn die Materialien bestellen. Es gab eine Liste, auf der alle benötigten Teile mit Größe, Material, Belastbarkeit und dem Lieferdatum aufgeführt war. Der Tag des Prototypen rückte näher, Klaus ging in die Montage-Halle und erkundigte sich beim Meister, ob die notwendigen Lieferungen eingegangen seien und erfuhr zu seinem Schrecken, dass kaum etwas angekommen war. Der Meister meinte, Bernd sei informiert darüber und er hätte ihm auch gesagt, dass der Termin für die Montage unmöglich zu halten sei.
Klaus war verärgert. Warum sagt Bernd nichts zu ihm? Sie sitzen sich in einem Büro gegenüber, sind die beiden entscheidenden Konstrukteure und da wird man nicht informiert über Lieferprobleme?

„Wo fehlt es denn? Warum liefert der Hersteller XY die bestellten Teile nicht?“ fragt Klaus nach. Bernd antwortet, dass dieser Hersteller in Insolvenz gegangen sei. „Ja und jetzt?“ fragt Klaus nach, „wo wollen Sie die Teile jetzt bestellen?“ Bernd meint, das sei nicht seine Entscheidung, das müsse er, Klaus, als Gruppenleiter selbst bestimmen. „Wie soll ich etwas entscheiden, von dem ich nichts weiß? Warum sprechen Sie nicht mit mir, wenn solche Probleme anstehen?“ fragte Klaus, aber Bernd lächelte nur schadenfroh. „Sie hätten mich ja fragen können!“ war seine Antwort.

So oder ähnlich kann Mobbing beginnen:
Ein Kollege, auf dessen Fachwissen man angewiesen ist, lässt einen hängen, sabotiert die gemeinsame Arbeit. Oder es werden Informationen nicht weiter gegeben, man wird bei Vorgesetzten oder Kollegen schlecht gemacht.
Häufig beginnt schleichend, was irgendwann einmal ein riesiges Problem werden kann. Das Verhalten der Kollegen hat sich verändert – sie reagieren gereizt, kritisieren unberechtigt, man bekommt keine Informationen mehr. Die Palette der Angriffe ist scheinbar grenzenlos.
Der Chef beobachtet Sie ständig, fragt immer wieder, wann die Arbeit endlich fertig ist, ob Sie eventuell überlastet sind, oder er brüllt einfach nur noch, anstatt mit Ihnen zu reden. Sie versuchen herauszufinden, was der Grund für diese Angriffe sein könnte und suchen ihn in Ihrem eigenen Verhalten, in Ihrer Leistung.
Ist das Mobbing? Das passiert doch nicht mir! Das ist doch alles nur Einbildung und Hysterie, das sind so Sensibelchen, die dauernd glauben, man müsse sie in Watte packen. Ich bin doch anders, mit mir kann man reden.

So war es bei mir:
Ich bin als Kind der Nachkriegszeit im Raum Stuttgart geboren, habe zwei Berufe gelernt und dann in einem ganz anderen gearbeitet – ich war Technische Dokumentatorin und Redakteurin. Als ich 45 Jahre alt war musste die Firma, für die ich arbeitete, aufgrund der Rezession schließen, und ich war arbeitslos. Nach neun Monaten Arbeitslosigkeit fand ich trotz meines „Alters“ wieder Arbeit – mein neuer Chef wollte eine Mitarbeiterin, die nicht wegen Schwangerschaft ausfällt.
Die Tatsache, dass ich die Neue war, die Älteste, branchenfremd und nicht auf den Mund gefallen, brachte mir nicht nur Sympathien ein. Mir wurde nachgesagt, ich hätte an Teilen meiner Arbeit kein Interesse, wäre frech und unhöflich, langsam, schlampig und wohl schon ziemlich verkalkt. Ich hatte noch Glück im Unglück, denn mein Chef war mit meiner Arbeit sehr zufrieden. Ich hatte zwei getrennte Arbeitsbereiche und nur in dem anderen, den ich mit den Kolleginnen zusammen zu bearbeiten hatte, passierten ständig „Fehler“.
Mein Chef versuchte gemeinsam mit mir, die „Fehlerquellen“ zu finden und zu beseitigen, aber wir konnten gar nicht so viel ändern, wie sich da Neues auftat. Am Ende wurde sogar gegen den Chef gearbeitet, er wurde gegenüber anderen schlecht gemacht, als hochnäsig bezeichnet und seine Veranstaltungen wurden boykottiert. Er lachte nur darüber, getan hat er nichts und so wird auch heute noch, nach Jahren, Mobbing als Betriebssport betrieben.